Im Schwank des Theaters Schwarzenberg sorgt unerwarteter Besuch dafür, dass immer neue Lügen zu herrlichen Verwirrungen führen.
Pflichtverteidiger Thomas Nägeli feiert seinen 35. Geburtstag. Butler Johan hat das schicke Wohnzimmer entsprechend mit Ballons dekoriert, doch der Jubilar hat schlechte Laune. Denn normalerweise erhält Nägeli von seiner Erbtante Jutta, die in Kalkutta lebt, einen fetten Check zugeschickt. Dieses Mal bleibt er aus, wird jedoch sehnlichst erwartet, da Nägeli einen Lebensstil weit über seinen finanziellen Möglichkeiten führt.
Nägelis Freund Louis, von Beruf Schauspieler, kommt gratulieren und erfährt den Grund der miesen Laune. Nägeli beichtet noch mehr: Um an das Geld der lieben Tante heranzukommen, hat Nägeli sogar eine Ehefrau erfunden, ein Kind und einen Schwiegervater. Tante Jutta hatte er bei jedem Ereignis auf sicher.
Baby «Amadeus» fehlt ein entscheidendes Detail
Zu diesem Geburtstag hat sich das Tantchen eine spezielle Überraschung ausgedacht und besucht ihren Neffen höchstpersönlich – und unangemeldet. Da ist guter Rat teuer: Singlemann Nägeli muss ad hoc eine Familie präsentieren. Dank glücklicher Zufälle und unerwarteten Wendungen materialisiert sich die erfundene Familie nach und nach: Freund Louis übt eh gerade eine Frauenrolle für sein nächstes Engagement ein – im Pünktchenkleid und mit einigen ausladenden weiblichen Fake-Attributen gibt er die liebreizende Gattin.
Und weil Butler Johan von seiner erholungssuchenden Frau das gemeinsame Baby aufs Auge gedrückt bekommt, ist auch der Nachwuchs bereit, der Tante vorgestellt zu werden. Dass «Amadeus» ein entscheidendes Detail fehlt, wird der irritierten Jutta schnell als neue Lüge plausibel verkauft.
In den ersten beiden Akten gelingt es so, Tante Jutta zu täuschen. Im Verlaufe des dritten Aktes findet das Versteckspiel seinen Höhepunkt, die Lachmuskeln werden zu Höchstleistungen angetrieben.
Regiekurs fiel zwei Jahre aus
Das Theater Schwarzenberg hat den Schwank «Rent a Family» seit letztem August unter der Regie von Priska van de Giesen einstudiert. Sie ist langjähriges Mitglied und war seit 2013 in vielen Rollen zu erleben. Dieses Jahr übernahm sie erstmals das Regiezepter. «Eigentlich hätte ich für die neue Aufgabe einen Regiekurs machen wollen. Dieser fiel jedoch zwei Jahre wegen der Pandemie aus. So musste ich improvisieren.» Der Seitenwechsel ist Priska van de Giesen offensichtlich auch ohne Kurs hervorragend gelungen. Das gesamte Ensemble zeigte Herzblut und Eifer. Die Rollen sind verinnerlicht, die Besetzung passt.
«Die Spielerinnen und Spieler sind bis auf eine neue Spielerin alle erfahren. Dies hat mir mein Début leichter gemacht», blick die Regisseurin zurück. Was war die grösste Herausforderung? «Es war schwierig, die Balance zu finden: Einerseits wollte ich nicht den Boss raushängen lassen, andererseits musste und durfte ich vieles entscheiden.»
Nachdem letztes Jahr kein Theater stattfinden konnte, sei die Vorfreude auf die Premiere heute Abend besonders gross. «Es hat uns allen gutgetan, wieder aktiv werden zu dürfen», sagt Priska van de Giesen. Das Publikum darf sich auf eine frische und pointenreiche Komödie freuen. Der Theaterverein hat dem Klassiker die eine oder andere persönliche Note verliehen, was dem Schwank noch mehr Lacher beschert.
Text und Bild: Yvonne Imbach, Luzerner Zeitung
Erschienen: 22. Januar 2022